CO2-Speicherung im Meer: Kabinett macht den Weg frei

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    CCS-Technik:CO2-Speicherung: Kabinett macht weg frei

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    Kurswechsel in der Klimaschutz-Politik: Schädliches CO2 soll künftig auch im Boden gespeichert werden dürfen. Was hat es mit der CCS-Technik auf sich und welche Risiken bestehen?

    USA: Petra Nova CCS-Anlage im NRG-Kraftwerk in Richmond
    Die Bundesregierung will die unterirdische Speicherung von industriell verursachten Kohlendioxidemissionen erlauben.
    Quelle: Reuters

    Schädliches CO2 soll in Deutschland künftig auch im Boden gespeichert werden dürfen - geplant ist das vor allem in der Nordsee. Das Bundeskabinett hat dazu am Mittwoch eine Gesetzesänderung auf den Weg gebracht, Bundestag und Bundesrat müssen auch zustimmen.
    "Klimapragmatismus, das ist das Gebot der Stunde", sagte Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) am Mittwoch in Berlin, der auch auf einen Beschluss zur Beschleunigung von Wasserstoff-Projekten verwies.
    Was die sogenannte CCS-Technik genau ist und wo CO2 in Deutschland gespeichert werden soll, die wichtigsten Fragen und Antworten.

    Was ist CCS?

    CCS steht als englische Abkürzung für "Carbon Dioxide Capture and Storage". Gemeint ist die Abscheidung, also Trennung, und unterirdische Speicherung von klimaschädlichem Kohlendioxid (CO2), das beispielsweise in Industrieanlagen und bei der Verbrennung von Öl, Gas und Kohle entsteht.
    Windräder stehen rund um ein Braunkohlekraftwerk. Symbolbild
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    Mit energieintensiven Verfahren wird das Treibhausgas eingefangen, verflüssigt und dann etwa in den Meeresgrund gepresst und eingelagert. Das soll verhindern, dass das CO2 in die Atmosphäre gelangt und die Erderwärmung beschleunigt.

    Gibt es Risiken und wird CCS international schon eingesetzt?

    Habeck betonte:

    Diese Technologie ist sicher. Risiken sind - wie die im Bergbau oder in der Chemieindustrie - managebar.

    Robert Habeck, Wirtschaftsminister

    Schon seit 1996 wird CCS nach Angaben der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) im industriellen Maßstab etwa in der Nordsee vor der Küste Norwegens eingesetzt. Als problematisch sieht das Umweltbundesamt vor allem den enormen zusätzlichen Energieaufwand.
    Im Normalbetrieb seien in aller Regel keine gesundheitlichen Auswirkungen für den Menschen zu erwarten. Risiken gebe es jedoch durch Unfälle, bei denen CO2 schlagartig entweiche, oder durch eine allmähliche Freisetzung. Durch Leckagen könnten auch Risiken für das Grundwasser und für den Boden entstehen.
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    Was soll künftig erlaubt werden?

    Die Bundesregierung will die Anwendung von CCS und CCU sowie den Transport und die Offshore-Speicherung von CO2 ermöglichen. Die CO2-Speicherung soll innerhalb der sogenannten deutschen Ausschließlichen Wirtschaftszone ermöglicht werden - das ist Meeresgebiet der Nordsee, das jenseits des Küstenmeeres liegt und sich bis zu 200 Seemeilen ab der Küstenlinie erstreckt. Habeck erklärte:

    Ausgenommen sind Meerschutzgebiete und ein Korridor von acht Kilometern um Meerschutzgebiete drumherum.

    Robert Habeck, Wirtschafts- und Klimaschutzminister

    Es geht nach Ministeriumsangaben um technisch derzeit schwer oder nicht vermeidbare Emissionen, vor allem in der Kalk- und Zementproduktion sowie der Abfallverbrennung.
    Zudem gebe es Industrien, bei denen Technologien zur Emissionsminderung derzeit noch nicht vorhanden seien. Das CO2 soll über ein noch aufzubauendes Netz an Pipelines zum Speicherort gebracht werden.

    Was soll das bringen mit Blick auf den Klimaschutz - und welche Befürchtungen gibt es?

    Fachleute sind sich weitgehend einig, dass CCS als Ergänzung nötig ist, um manche Industrien klimaneutral zu machen. Das deutsche Klimaziel - Klimaneutralität bis 2045 - sei nur mit CO2-Speicherung zu erreichen, sagte der deutsche Klimaforscher Ottmar Edenhofer.
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    Umstritten ist jedoch, ob die Technik auch dort ermöglicht werden soll, wo sich CO2-Emissionen grundsätzlich vermeiden lassen. Umweltverbände warnen, dass es dadurch mit dem Klimaschutz noch langsamer vorangehen könnte. Wenn CO2 wieder eingefangen werden könne, werde man sich weniger um vorherige Vermeidung bemühen.

    Wie geht die Bundesregierung auf die Befürchtungen ein?

    Habeck betonte:

    Im Zentrum unserer Anstrengungen steht immer, Emissionen erst gar nicht entstehen zu lassen.

    Robert Habeck, Bundeswirtschaftsminister

    Der strategische Fokus der CCS-Strategie liege auf schwer oder nicht vermeidbaren Emissionen, die zum Beispiel bei der Abfallverbrennung oder in der Zementindustrie anfallen, auch wenn man erneuerbare Energien einsetzt. In solchen Branchen will die Bundesregierung die effizientesten Projekte auch finanziell fördern.
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    Bei der Energieproduktion, wo Emissionen vermeidbar sind, soll es keine Förderung geben. Kohlekraftwerke sollen außerdem keinen Zugang zum Pipeline-Netz bekommen, weil es beim Kohleausstieg bleiben soll.
    Bei Gaskraftwerken sieht das zum Missfallen von Umweltschützern anders aus. NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller bezeichnete es als falsches Signal, auch die Emissionen fossiler Kraftwerke einzubeziehen. Er mahnte:

    Der Fokus muss weiter klar auf dem Ausbau der erneuerbaren Energien und dem vollständigen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen liegen.

    Leif Miller, Bundesgeschäftsführer Naturschutzbund Deutschland

    Quelle: dpa

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