Europawahl: Österreichs grüne EU-Kandidatin unter Druck

    Grünen-Affäre in Österreich:EU-Wahl: Vorwürfe gegen 23-jährige Newcomerin

    von Emina Mujagić, Isabella Holtmann
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    Lena Schilling ist Österreichs bekannteste Klimaaktivistin - und EU-Spitzenkandidatin der Grünen. Doch nun werden schwere Vorwürfe gegen sie erhoben. Die Parteispitze steht zu ihr.

    Grüne-Spitzenkandidatin in Österreich wehrt sich gegen Vorwürfe
    Wahlkampf in Österreich: Spitzenkandidatin Lena Schilling (Grüne) nimmt Stellung gegen die Vorwürfe, die gegen sie erhoben wurden.
    Quelle: dpa

    Mitten im Europa-Wahlkampf gerät die Kandidatur der 23-jährigen Wienerin Lena Schilling ins Wanken. Laut einem Bericht der österreichischen Zeitung "Der Standard" soll die Grünen-Politikerin viele Menschen verärgert oder verletzt und einige sogar in existenzbedrohende Schwierigkeiten gebracht haben.
    Konkret geht es um die Verbreitung von Falschinformationen und Gerüchten, die Diffamierung eines Journalisten und das Gegeneinander-Ausspielen von Mitstreitern. Schilling bestreitet die Vorwürfe.
    Doch von vorne: Mit ihrem Engagement für die Umwelt wird die 23-Jährige zu Österreichs bekanntester Klimaaktivistin. Anfang 2024 ernennen die Grünen Lena Schilling zur Spitzenkandidatin für Europawahl am 9. Juni. Dass die Wienerin bis dato kein Parteimitglied ist, stört bislang nur wenige Grüne.
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    "Ein problematisches Verhältnis zur Wahrheit"

    In einem Fall zitiert die Zeitung eine Unterlassungserklärung, die Lena Schilling wohl unterschreiben musste. Sie soll verbreitet haben, dass eine langjährige Freundin Beziehungsprobleme habe. Nachdem das Ehepaar mitbekam, was Schilling erzählte, folgten rechtliche Schritte. Schließlich verpflichtete sich Schilling dazu, ihre Behauptungen zu unterlassen.
    Auf Anfrage des "Standard" erklärten die Grünen, Schilling habe sich lediglich "aus Sorge um eine Freundin in ihrem engsten persönlichen Umfeld" derart geäußert. Doch es bleibt kein Einzelfall. Schilling soll über einen Journalisten behauptet haben, er habe sie belästigt. Das Medienunternehmen habe demnach Alarm geschlagen. Der Job des Redakteurs schien in Gefahr.

    Mit ihrem Engagement für die Umwelt wird die 23-Jährige zu Österreichs bekanntesten Klimaaktivistin. Anfang 2024 ernennen die Grünen Lena Schilling zur Spitzenkandidatin für Europawahl am 9. Juni. Dass die Wienerin bis dato kein Parteimitglied wurde, störte bislang nur wenige Grüne.

    Schilling: Alles sei frei erfunden

    Die grüne Parteiführung sieht das anders. Bei einer Pressekonferenz bekräftigt sie, geschlossen hinter der EU-Spitzenkandidatin zu stehen. Hier finde eine "hemmungslose Kampagne" statt. Schilling selbst erklärte, dass sie die Vorwürfe "getroffen hätten", aber sie werde sich davon nicht aus dem Konzept bringen lassen.

    Ich habe gelesen, was andere über mich behauptet haben. Was ich angeblich gesagt und getan habe, aber nichts davon hat auch nicht im Entferntesten mit der Politik zu tun, mit Europa und den kommenden Wahlen.

    Lena Schilling, EU-Spitzenkandidatin (Die Grünen Österreich)

    Man habe gewusst, dass der Wahlkampf dreckig werde, sagt der österreichische Grünen-Chef und Vizekanzler Werner Kogler. Und es sei auch "leider zu erwarten gewesen", dass besonders gegen junge, kompetente und engagierte Frauen besonders heftig agierte werde. Doch die Partei lasse sich nicht von Gerüchten und anonymem "Gemurkse oder Gefurze" aufhalten, so Kogler.
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     Politische Relevanz während des Europa-Wahlkampfes?

    Die Recherche des "Standard" sei heikel gewesen, enthüllt die Zeitung. Viele der Vorwürfe gegen Schilling berührten ihre Privatsphäre oder passierten zwar im politischen Kontext, aber zwischen Freund:innen.
    Dennoch seien die Ereignisse von öffentlichem Interesse, so der "Standard"-Bericht. Denn es sei relevant, wie Schilling sich gegenüber Kolleg*innen, Journalist*innen und Mitstreiter*innen im politischen und beruflichen Kontext verhalte.
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    Dämpfer für den Wahlkampf

    Ob die Vorwürfe stimmen, wird sich wohl in den nächsten Tagen und Wochen zeigen. Für den Politikwissenschaftler Thomas Hofer ist aber eins sicher - den Wahlkampf der Grünen wird die Causa Schilling beeinflussen. Diese Geschichte würden die Grünen in den kommenden vier Wochen quasi täglich mit sich herumschleppen.
    Auch der gewählte Umgang und die Wortwahl der Grünen-Parteiführung sei für ihn nicht überraschend. Ganz im Gegenteil:

    Es ist eine Strategie, die man in Österreich durchaus auch bei anderen Parteien schon beobachten konnte, nämlich eine Art der "Jetzt-erst-recht"-Stimmung.

    Thomas Hofer, Politikwissenschaftler

    Die Grünen-Spitze scheint fest entschlossen zu sein, ihre Spitzenkandidatin zu verteidigen. Inwieweit den Parteioberen bislang das Ausmaß der Vorwürfe gegen Lena Schilling bekannt gewesen ist, ist unklar. 

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    Emina Mujagić ist Redakteurin in der ZDF-Hauptredaktion Politik und Zeitgeschichte. Isabella Holtmann berichtet aus dem ZDF-Studio Wien.

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